Der geothermische Wärmefluss (Wärmestromdichte) ist ein wichtiger Indikator für die Abschätzung des Potentials der geothermischen Energieerzeugung und von Bedeutung für verschiedene unterirdische Speicheranwendungen. Allerdings weisen Wärmeflussdatensätze häufig eine geringe Datendichte und -qualität auf. Dies ist v.a. der Fall bei Temperaturdaten aus Tiefbohrungen oder bei Wärmeleitfähigkeitsdaten. Darüber hinaus wird der Wärmefluss durch das Zusammenspiel vieler zusätzlicher und schwer zu modellierenden Faktoren wie Topographie, konvektive Wärmeleitung und geodynamische Prozesse beeinflusst.
In der Schweiz ist die aktuellste landesweite Wärmesflusskarte bereits 30 Jahre alt (Medici & Rybach 1995). Wir haben deshalb zusammen mit der Landesgeologie (swisstopo) ein Projekt lanciert, in dem wir diese Karte mit modernsten Methoden der Datenselektion, Harmonisierung und Interpolation aktualisieren. Anstatt uns ausschliesslich auf datenbasierte Interpolationsalgorithmen zu verlassen, haben wir zusätzliche Faktoren wie tektonische Strukturen, geodynamische Prozesse (z.B. rezente Exhumierung) und bekannte hydrothermale Systeme berücksichtigt. Unser Ziel ist eine konsistente, detailliertere neue Version der Schweizer Wärmeflusskarte, die die neu prozessierten Wärmeflussdaten und die tektonische und hydrogeologische Situation berücksichtigt.
Mit unserem Datenverarbeitungsansatz dokumentieren wir reproduzierbar die Datenauswahl, Filterung und Unsicherheitsparametrisierung. Ein erster Entwurf der neuen Wärmeflusskarte soll bis Ende 2024 fertiggestellt werden.
Auf der Grundlage unserer Ergebnisse werden wir in den kommenden Projektphasen verschiedene Ansätze zur Verbesserung der resultierenden Wärmeflussmodelle testen. (1) Zusammenstellung von Wärmeleitfähigkeitsdatensätzen, die die Bedingungen für die vertikale Wärmeleitung durch geschichtete Sedimentabfolgen am besten repräsentieren, (2) Verbesserung der Korrekturalgorithmen für Einflussfaktoren wie die Topografie, (3) Verwendung von 3D-Wärmeflussmodellen unter Einbeziehung tektonischer Daten und (4) Anwendung probabilistischer Modelle zur Berücksichtigung eines 3D-Wärmeflussbereichs und von Datenunsicherheiten. Mit diesem neuen integrierten Struktur-, Wärmeleitfähigkeits- und Wärmestrommodell für die Schweiz werden wir in der Lage sein, Unsicherheiten zu reduzieren und sie in 3D zu quantifizieren. Daraus lassen sich neue Erkenntnisse über potentiell wirtschaftliche Wärmeressourcen ableiten und die Ergebnisse können direkt zur Abschätzung des Reservoirpotentials verwendet werden.